Liebe Camille,

vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview hier auf meiner Meet&Greet Plattform nimmst!

Wir kamen vor einigen Jahren über Instagram in Kontakt, und Anknüpfungspunkt war, wie könnte es anders sein, ein Buch. Ich hatte „Life without Envy – Ego Management for Creative People“ gelesen („Leben ohne Neid – Ego Management für Kreative“), und es war ein echter Eye-Opener für mich! Wir Menschen (und Künstler vielleicht noch mehr als andere) haben die Tendenz, uns mit denen zu vergleichen, die wir als „erfolgreicher“ wahrnehmen und uns zu wünschen, wir hätten, was sie haben. Dein Buch hat dieses Denkmodell für mich komplett aus den Angeln gehoben und mir eine neue Freiheit gegeben, ein Gefühl von „Ich mach mein Ding“. Es war der Beginn eines Prozesses, der mich gelehrt hat, mich nicht zwanghaft mit anderen zu vergleichen. Das hätte ich gern viel, viel früher gelernt, vorzugsweise als Teenager! Was hat Dich motiviert, „Life without Envy“ zu schreiben?

Mein zweiter Roman wurde vom Verlag nicht mehr nachgedruckt, und so hatte ich nach einigen Jahren des frühen Erfolges das Gefühl, letztendlich doch alles falsch gemacht zu haben. Obwohl ich intellektuell sehr wohl verstand, dass die meisten schriftstellerischen Karrieren von schwachen Verkaufszahlen behindert werden, und die meisten Autoren zu wenig Wertschätzung erfahren, ganz egal wie hoch die Qualität ihrer Arbeit ist, fühlte ich mich ungerecht behandelt. Mit der Zeit wurde mir bewusst, dass ich meiner Einstellung, meinem „Mindset“,  das Upgrade verpassen musste, das Du eben beschrieben hast, wenn ich einen Zustand kreativen Gleichgewichts erreichen wollte: Ich musste die Absurdität in dem Versuch erkennen, mein Glück, meine Zufriedenheit von Faktoren abhängig zu machen, die außerhalb meiner Kontrolle sind. Nachdem ich diesen Schalter umgelegt hatte, ging es nur noch darum, das Buch zu schreiben, von dem ich wünschte, jemand anderes hätte es für mich geschrieben!

Du hast also das gelehrt, was Du selber lernen musstest ;-)? (Ich schreibe ja nur erzählende Bücher, und habe dennoch das Gefühl, ich mache genau dasselbe: Meine ProtagonistInnen kämpfen sehr oft mit Schwierigkeiten, die mir aus meiner persönlichen Erfahrung vertraut sind.)

Es scheint mir immer mehr so, als würde ich ausschließlich das lehren, was ich am dringendsten selbst lernen muss. Das Gute daran: Ein Lehrer, der dir nur wenige Schritte voraus ist, erinnert sich noch genau, wie sich deine aktuelle Situation angefühlt hat. Das macht ihn empathischer und in der Folge wirkungsvoller.

Was für uns Autoren das Erforschen unserer Herausforderungen und Schwächen innerhalb unserer eigenen Fiktion angeht: Der Leitsatz „Schreib, was du kennst“, wird dadurch zu einem nachvollziehbaren Ratschlag.

Aufstrebende Autoren haben das Bedürfnis, etwas „Originelles“ und „Originäres“ zu schaffen, und suchen dabei immer außerhalb ihrer selbst nach diesem einzigartigen Gedanken, dieser unnachahmlichen Idee. Die Ironie ist auffällig, findest du nicht?

Was wäre ein guter Ansatzpunkt, um diesem Kreislauf zu entkommen? Es hilft, Dir selbst Fragen zu stellen wie „Was macht mich wütend?“, „Worüber mache ich mir Sorgen?“, „Was verblüfft mich?“ „Was verfolgt mich bis in meine Träume?“ „Was hat das Potenzial, mich fertig zu machen?“ „Was hält mich nachts wach, obwohl niemand sonst sich darüber Gedanken zu machen scheint? (Betonung auf „scheint“!) So entsteht eine Liste mit Themen, die in Deinem Herz und Deinem Kopf noch unaufgelöst sind. Das ist das „Schriftsteller-Gold“ in Dir, der Ansatzpunkt für Geschichten, die es wert sind, geschrieben zu werden.

(Ich habe übrigens eine Serie von Arbeitsblättern zusammengestellt, um bei diesem Prozess zu helfen – meine Newsletter Abonnenten erhalten sie automatisch!)

Camille, Du schreibst sowohl Sachbücher als auch erzählende Literatur, für Kinder und für Erwachsene. Ich bin ein Fan beider Kategorien Deiner Arbeit und es würde mir schwerfallen zu entscheiden, ob Du mehr Lehrende oder mehr Geschichtenerzählerin bist. Hast Du das Gefühl, Dein Gewicht als Autorin ist gleichmäßig zwischen diesen beiden Berufungen verteilt?

Um das zu beantworten, lass mich zu der zentralen Botschaft von „Life without Envy“ zurückkehren: Um kreative Erfüllung zu finden, müssen wir das Bedürfnis, unser Talent zu „beweisen“, und anderen zu gefallen, hinter uns lassen und uns darauf konzentrieren, was wir einander und unserem Kulturkreis zu geben haben. Die besten Lehrer haben ein intuitives Verständnis für dieses Konzept. Ab einem gewissen Punkt war mir klar, dass für mich persönlich ein Leben als Romanschriftstellerin zwar erfüllt von Vorstellungskraft wäre, aber zu sehr auf mich selbst fokussiert. Ich glaube daran, dass Lehren und Fördern ebenso wichtige Bestandteile des Schriftstellerberufes sind wie das Schreiben selbst. Ich rede nicht von aufmunternden Sprüchen oder über-analytischem Gerede über das „Handwerk“ des Schreibens. Ich versuche, eine der SchriftstellerInnen zu sein, die nicht vergessen haben, wie hart diese ersten Jahre waren und die für aufstrebende Autoren immer einen sicheren Bereich schafft (virtuell oder persönlich), in dem diese ihre emotionale Tiefe ausloten können.

Lass uns über „The Boy from Tomorrow“ sprechen. Ich habe mich auf den ersten Blick in das Buch verliebt, noch bevor ich die Gelegenheit hatte, es zu lesen. Die Cover-Illustration von Agnieszka Grochalska kombiniert Vintage Charme mit Abenteuer-Stimmung und verspricht ein spannendes Lesevergnügen, vor allem für jemanden wie mich, der Zeitreise-Geschichten immer geliebt hat! Meiner Erfahrung nach ist das Cover extrem wichtig – ich habe schon Bücher von mir wegen schlechter Covers untergehen sehen. Was war Dein Gefühl beim ersten Anblick des Covers?

Als mein Verleger sich für Agnieszka entschieden hatte, schickten sie mir den Link zu ihrer Website, aber sie ist so eine vielseitige Künstlerin, dass ich keine Ahnung hatte, was ich erwarten sollte! Als Cover und Illus dann fertig waren, war ich hellauf begeistert – die Illustrationen bringen mich immer noch zum Lächeln, wenn ich das Buch in die Hand nehme!

Meiner Meinung nach erfüllt das Buch alle Versprechen, die das Cover macht! Ich liebe Deine Sprache, ich liebe die Geschichte, die mich ein bisschen an Dickens denken ließ und ich liebe die Charaktere. „The Boy from Tomorrow“ ist die Geschichte von einem Jungen und einem Mädchen, die im selben Haus leben, allerdings getrennt durch ein Jahrhundert! Sie schlagen eine Brücke über die Zeit und schließen Freundschaft. Was war Deine größte Herausforderung bei der Arbeit an „The Boy from Tomorrow“?

Es dauerte eine Weile, bis ich die Dämonen meiner eigenen Kindheit vertrieben hatte! Ich habe mich als Kind völlig ausgeliefert gefühlt, als hätte ich überhaupt keine Kontrolle über das, was mir passiert.  Diese Hilflosigkeit war das Ergebnis eines erbitterten Scheidungskrieges und des manipulativen Verhaltens eines Elternteils.

Nach einigen frühen Fassungen, in denen Alec immer darauf gewartet hat, dass die Erwachsenen rund um ihn aktiv werden, wurde mir klar, dass ich ihm, Josie und Cass eine Handlungsfähigkeit geben musste, die mir selbst als Kind fehlte.

Wie viel historische Recherche war beim Schreiben von TBFT involviert?

Jede Menge! Und jeder Aspekt davon war faszinierend. Ich habe damit begonnen, Spiritismus zu recherchieren, und auch wenn mit dieser Bewegung jede Menge Scharlatane in Verbindung gebracht werden, gab es doch auch genug Hinweise auf Medien mit legitimen spirituellen Fähigkeiten, um einige dieser historischen Persönlichkeiten in die fiktive Figur der Mrs. Clifford zu „channeln“.

Danach kam das Recherchieren des Alltags (besonders für Mädchen und junge Frauen) im Amerika der 1910-er Jahre, und der Suffragetten (Frauenrechte, Anm. Chantal) -Bewegung ,

inklusive der widerlichen weißen, rassistischen Elemente die zu diskutieren nur sehr wenige Historiker bereit sind. Wer sich für dieses Thema interessiert, ist herzlich eingeladen, sich den Unterrichts-Lese-Guide auf meiner Website zu downloaden.

http://www.cometparty.com/books/the-boy-from-tomorrow/

Wenn Du in Deinem Leben nur noch ein einziges Buch schreiben könntest, was wäre es?

Ha, Du weißt, dass ich bei dieser Antwort schummeln muss. Ein praktisch-philosophisches Buch (in der Art wie „Life without Envy“ Anm. Chantal) wartet definitiv noch darauf, geschrieben zu werden, aber da ist es selbst für Andeutungen noch zu früh. Darüber hinaus graben zwei Romane für Erwachsene seit Jahren in den Startlöchern: Das Buch, an dem ich zur Zeit arbeite (Ein Zeitreise-Abenteuer mit Bruder-Schwester-Protagonisten) und ein historischer Fantasy-Roman, der im Edinburgh des 18. Jahrhunderts spielt. Klar, dass beide Romane vegane (bzw. phytagoräische) Charaktere haben! (Camille ist wie ich vegan, noch etwas, was wir gemeinsam haben 😊! Anmerkung Chantal)

Zum Glück war das sowieso nur eine hypothetische Frage, denn ich freue mich auf viele weitere Camille DeAngelis Bücher, seien es nun Sachbücher oder Romane!

Es war mir eine Ehre und eine Freude, diese Unterhaltung mit Dir zu führen! Du inspirierst mich so sehr, und ich bin stolz, Dich eine Freundin nennen zu dürfen. Zum Glück trennt uns beide nur die Entfernung und nicht auch ein ganzes Jahrhundert! Verrätst Du meinen LeserInnen bitte noch, wo sie Dich online finden können?

Mir geht es genauso, Chantal, vielen Dank, dass ich hier mit Dir plaudern durfte! Meine Website: www.cometparty.com, und was Social Media betrifft, bin ich auf Instagram am aktivsten: @cometparty.

 

Und jetzt zu unserem Gewinnspiel!

Camilles Aufkleber sind auch richtig süß!

„The Boy from Tomorrow“ ist für etwa 10-13-jährige gedacht, aber ich konnte es wie gesagt nicht aus der Hand legen, und ich bin einen Tick älter  😉!

Du möchtest ein Exemplar dieses spannenden Zeitreise-Romans von Camille DeAngelis gewinnen?

Dann schick mir bis Ende April eine E-Mail an chantalschreiber@chantalschreiber.com und verrat mir den Titel des ersten Buches, das ich von Camille gelesen habe! Die Antwort steckt wie gewohnt im Interview!

Die Gewinner erhalten nicht nur das Buch, sondern auch ein „Book Plate“ mit persönlicher Widmung. Book Plates sind individuell gestaltete Aufkleber, die mit einer Widmung versehen ins Buch geklebt werden können. Sehr praktisch, wenn es zu teuer oder zu umständlich ist, signierte Bücher zu verschicken.

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Deine Chantal