Liebe Annette,

herzlich willkommen! Manchmal denke ich ja, ich profitiere selbst am meisten von meinem Meet&Greet😅.
Die Rubrik gibt mir einen wunderbaren Vorwand, spannende KollegInnen nach ihrem Leben zu fragen. Ich freue mich total, dass Du meine Einladung angenommen hast!

Ich freu mich auch. Vielen Dank für die Einladung

Ich habe mit Begeisterung Dein vielbeachtetes Jugendbuch „Wir sind die Flut“ gelesen.
Da ist so viel Leidenschaft spürbar. Ich glaube, Du hättest das Buch nicht geschrieben, wenn Dir die Klimabewegung nicht ein tiefes Anliegen wäre. Was hat sich in Deinem Leben verändert, seit Dir bewusst ist, dass die Zukunft der Menschheit und unzähliger Tier – und Pflanzenarten durch die Klimakrise in echter Gefahr ist?

Mit der Angst ums Überleben habe ich eigentlich schon seit meiner Jugend zu tun. Zum Beispiel lag ich an einem Badesee in der Sonne, als die unsichtbare radioaktive Wolke über uns hinwegzog, ausgelöst durch den Reaktorunfall im Atomkraftwerk Tschernobyl. Und ich erinnere mich noch an ein tiefes Gefühl der Hoffnungslosigkeit zu Zeiten des Golfkriegs, als ich dachte, es habe eh alles keinen Sinn mehr. Das Fischsterben im Rhein nach dem Sandoz-Chemieunfall ‘86 hat mich so erschüttert, dass ich damals einen politischen Text verfasst habe. Es war einer von drei Texten, die ich dem Kabarettisten Matthias Deutschmann zu lesen gab, den ich zu dieser Zeit kennenlernte. Er meinte, da stehe zu viel auf dem Papier für mein Tagebuch. Das war so einer der wichtigen Aufrufe, die mich zum Schreiben motivierten. Aber zurück zu deiner Frage, was sich in meinem Leben verändert hat. Ich begann schon in meiner Jugend damit, Unterschriften für Greenpeace-Aktionen zu sammeln und genau darauf zu achten, welche kosmetischen Produkte ohne Tierversuche hergestellt werden. Und ich würde sagen, dass diese ganzen dramatischen Gegebenheiten viele Ängste bei mir ausgelöst haben. Das Schreiben hatte da auch einen therapeutischen Effekt, Poesietherapie nennt man das. Dazu habe ich auch eine Ausbildung gemacht. In den letzten Jahren hat mich die Fridays-Bewegung der heutigen Jugend sehr bewegt und hoffnungsfroh gestimmt. Das Gefühl der Ohnmacht, das ich immer wieder habe, konnte ich darüber ein wenig auflösen. Auch habe ich als Jugendliche einen Brief an einen Politiker geschrieben, weil ich hoffte, einen Autobahnbau über unseren Wald (in Süddeutschland) damit zu verhindern. Darüber schreibe ich im Nachwort von „Wir sind die Flut“. Da habe ich gemerkt, wie viel man sogar schon in jungen Jahren ausrichten kann. Und das hat Greta Thunberg ja auch bewiesen. Zwar tut die Politik immer noch viel zu wenig, aber immerhin hat Greta etwas in Gang gesetzt, was zuvor verdrängt wurde. Sie hat das Thema Klimawandel und die Beachtung der Wissenschaftler in den Fokus gerückt.

Seit ich Kinder habe, fasst mich das Thema natürlich noch mehr an als zuvor. Als Mutter würde ich für meine Kinder mein Leben geben. Aber nichtmal 

damit könnte ich sie retten. Da kommt wieder diese Ohnmacht ins Spiel, die ich mit dem Schreiben von „Wir sind die Flut“, Lesungen und Schreibworkshops in Schulen und diversen Posts in den sog. Sozialen Medien aufzulösen versuche, die ich für solche Absichten positiv nutze. Und mir ist immer wichtiger geworden, die Möglichkeiten in den Vordergrund zu rücken, Hoffnung zu machen, anzuregen, zu zeigen, dass jede:r etwas tun kann. Das hätte mir als Jugendliche gutgetan, also solche Bücher. Dystopien ziehen mich eher herunter.

Und darüberhinaus versuche ich natürlich umweltbewusst zu leben, bin Vegetarierin, fahre vor allem Fahrrad und Bahn, kaufe biologisch, etc.

Du hast zwei erwachsene Söhne, wie hast Du ihnen das Thema nahegebracht, als sie heranwuchsen? Gab es Diskussionen zum Thema Mülltrennen, Fleischkonsum, Wasserverbrauch u.Ä.?

Ja, auf jeden Fall. Aber es waren weniger Diskussionen, als gute Gespräche. Meine Söhne haben sogar in vielen Bereichen eher uns Eltern bewegt, etwas zu ändern. Daher steht auch als Widmung in „Wir sind die Flut“: „Für meine tollen Söhne, die meine größten Lehrer sind“. Zum Beispiel hat unser älterer Sohn als Kind plötzlich verkündet, er wolle kein Fleisch mehr essen. Das gab es bei uns ohnehin kaum noch. Aber seit diesem Tag sind wir alle Vier Vegetarier. Der Kleine wollte auch gleich mitmachen. Der ist sogar der Konsequenteste von uns allen geworden. Als sein Smartphone gerade kaputt ging, wollte er auf keinen Fall ein neues. Ich habe dann ein wieder aufbereitetes vorgeschlagen. Das war in Ordnung. Zu Weihnachten hat er sich gewünscht nichts zu bekommen. Er möchte nicht zum Konsumverhalten beitragen. Und er macht gerade ein freiwilliges ökologisches Jahr in einer Landkommune mit solidarischer Landwirtschaft.

Wow, das finde ich großartig. Bei uns ist auch meine Tochter Vorreiterin, was Nachhaltigkeit angeht. Ich habe sehr viel von ihr gelernt.
Wir sind beide bei Writers for Future. Wie siehst Du die Rolle von Kinder-und Jugendbuchautoren im Zusammenhang mit der prekären Lage unseres Planeten? Haben wir eine Verantwortung, unsere Bücher als Kommunikationsmedium zu nützen, um Bewusstsein für bestimmte Zeitphänomene zu schaffen, wie eben die Klimakrise  („Wir sind die Flut“), oder die sozialen Medien und was sie mit uns machen („Instagirl“)? Sind wir moralisch dazu verpflichtet?

Ich kann nur für mich sprechen. Ich selbst fühle mich nicht verpflichtet, sondern eher dazu berufen. Diese Themen interessieren mich vorrangig, drängen aus mir heraus. Das ist wie ein innerer Auftrag. Und es tut mir auch selbst gut, mit meinen Büchern vielleicht etwas bewegen zu können, Prozesse anzustoßen. Und das immer ohne erhobenen Zeigefinger. Sonst verliert man die Jugendlichen. Sie wollen ja auch unterhalten werden und nicht das Gefühl haben, da versucht jemand, ihnen Druck zu machen. Den haben sie oft selbst schon genug. Ich schreibe das, was ich selbst gerne gelesen hätte, als ich mich machtlos fühlte oder gemobbt oder einsam etc.

Das geht mir genauso. Ich baue seit Jahren Themen wie Umweltschutz, Tierschutz, vegetarisch bzw. vegan leben etc. in meinen Büchern ein. Bis jetzt eher unauffällig und nebenbei eingestreut, aber in mir wird das Gefühl auch immer stärker, dass ich kein Jugendbuch mehr schreiben will, das sich nicht auf unsere Zeit und ihre Probleme bezieht.

Ich finde, das muss jede:r Autor:in für sich selbst entscheiden, ob er oder sie das Medium nutzt, um einen Beitrag zu leisten. Hauptsache es gibt solche Bücher und sie gelangen auch in die Hände der Jugendlichen. Ich habe gerade für einen Pädagog:innen-Podcast des Loewe Verlags ein Interview geführt (wird am 17.12. veröffentlicht), denn es ist mir besonders wichtig, die Lehrkräfte zu gewinnen und sie zu ermutigen, Bücher wie „Wir sind die Flut“ in den Unterricht zu bringen. Es gibt zu dem Buch auch sehr gutes schulpädagogisches Material. Wenn das Thema im Unterricht behandelt wird und sich die Schülerinnen und Schüler also intensiv damit beschäftigen, ist glaube ich noch mehr erreicht, als diese Bücher ausschließlich beim buchaffinen Publikum zu platzieren. So lesen die Bücher auch Jugendliche, die sich sonst gar nicht mit den Themen beschäftigen wollen oder sonst keine Bücher lesen. Da bin ich sehr froh, diese Reihe der Thementaschenbücher bei Loewe zu haben, die sich besonders für den Unterricht eignen.

Ja, das ist großartig! Ich finde das echt genial, wie Du es schaffst, diese Themen so leidenschaftlich und mitreißend zu verpacken! Und dass Deine Loewe Reihe den direkten Weg an die Schulen findet!
Jetzt das Thema von der anderen Seite aufgerollt  ☺️:
Haben Deiner Meinung nach Jugendbücher, die primär einfach nur unterhalten wollen (wie z.B. aus den Genres Fantasy und Romantasy) mit ihrem Eskapismus auch ihre Berechtigung?

Auf jeden Fall. Ich finde, wie zuvor schon erwähnt, die Unterhaltungsliteratur auch wichtig. Es ist ja auch hilfreich, zwischendurch einfach loszulassen, zu entspannen, mal einfach Spaß zu haben oder sich in die Verliebtheit, Magie, Verrücktheit etc. der Protagonist:in hineinzuversetzen. Viele Jugendliche sind heute extrem angespannt und erschöpft. Es gibt so viele schwere Themen, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen, gerade jetzt, wo von ihnen verlangt wird, fast alles zurückzustellen, was die Jugendzeit so aufregend und attraktiv macht. Viele Jugendliche haben auch schon Burnout aufgrund der hohen Anforderungen oder Erwartungen. Das habe ich übrigens in meinem neuen Jugendbuch „Liebe sich, wer kann“ thematisiert. Da geht es um das Themenspektrum Depression, Burnout und Angststörungen. Und das alles in eine auch sehr unterhaltsame Geschichte gepackt, einen Roadtrip. Es ist so wichtig, Möglichkeiten zu finde, mal den ganzen Druck loszulassen. Und da helfen Bücher auch.
Ich möchte aber noch betonen, dass in Fantasybüchern oft große Themen verarbeitet werden, wie zum Beispiel in „Harry Potter“ die Rassentrennung und radikale Gesinnungen, Leben und Tod, Freundschaft und Gemeinschaft, „Schuld“ und Vergebung. Und ich finde es auch grandios, dass Joanne K. Rowling es geschafft hat, dass ihr Harry in den 7 Bänden nie jemanden tötet und das Gute trotzdem oder gerade deshalb siegt. Großartig. Sogar bei Voldemort am Ende richtet sich Voldemorts Todesfluch gegen ihn selbst und wird von Harry nur überraschend umgelenkt. Eine wichtige Aussage!
Auch mein jüngerer Sohn schreibt an einer Fantasygeschichte. Da geht es übergeordnet darum, sich selbst zu finden und die innere Kälte zu besiegen. Wunderbar. Also wie gesagt: Fantasy muss nicht gleich eskapistisch sein.

Ich habe natürlich vor diesem Gespräch eingehend Deine Website studiert und dabei unter anderem festgestellt, dass Dein Einstieg als Jugendbuchautorin erst zehn Jahre nach dem Beginn Deiner Schreibkarriere kam, Du hast als Kinderbuchautorin begonnen. Wo siehst Du Dich derzeit mehr, im Kinderbuch oder im Jugendbuch?

Da ich beim Loewe Verlag diese Thementaschenbuch-Reihe habe, für die ich jedes Jahr ein neues Buch schreibe, wofür ich erstmal recherchieren muss etc., komme ich gar nicht mehr so richtig zum Kinderbuch schreiben. Aber ich mache nach wie vor beides sehr gerne. Gerade ist auch ein neues Kinderbuch von mir erschienen, „Alia am Ort der Wunder“ (Windy Verlag), in dem es darum geht, wie ein Mädchen mit der Krebserkrankung ihres Vaters zurechtkommt, bzw. was es mir ihr macht, dass die Eltern versuchen sie zu schonen und ihr nicht die Wahrheit sagen. Das Buch ist mir auch ein großes Herzensanliegen und trotz 

der Problematik auch mit vielen heiteren Passagen gespickt. Eine Kinderonkologin hat es geprüft und gesagt, dass sie genau solche Fälle zuhauf in ihrer Praxis erlebt. Also, dass Eltern ihre Kinder schonen wollen 

und diese sich dann furchtbare Dinge zusammenreimen, weil sie spüren, dass etwas nicht stimmt, und sich selbst die Schuld geben. Kurz gesagt: Ich schreibe also auch noch gerne Kinderbücher! Und Anfang des Jahres ist auch eine Anthologie von uns 

Elbautor:innen herausgekommen, „Volle Fahrt voraus!“ (Carlsen). Die ist für das Vorschul- und Grundschulalter. Zur Erklärung: Die Elbautor:innen sind ein Zusammenschluss von über 50 Hamburger Kinder- und Jugendbuchautor:innen. Ein großartiges Netzwerk. Wir haben im Sommer viele Lesungen für Kinder gemacht und ich habe gemerkt, wie mir das gefehlt hat, mal wieder für Jüngere zu „performen“. Es waren recht interaktive Lesungen, mit Gesang und Spiel.

Hier geht es zu den Elbautoren: elbautoren.de

Dein allererstes Kinderbuch „Lola auf der Erbse“ war gleich sehr erfolgreich und wurde sogar verfilmt. Davon träumen die meisten Autoren. Was war das für eine Erfahrung?

Ja, das war eine unglaubliche Fügung für mich. Der Regisseur las eine Besprechung in der Süddeutschen, kaufte sich das Buch und wollte es anschließend verfilmen. Wann passiert sowas schon? Da ich einige Jahre als Kameraassistentin gearbeitet habe weiß ich, wie Filme entstehen und was kostspielig oder realisierbar ist. Ich dachte, „Lola auf der Erbse“ wäre so nicht verfilmbar. War es auch nicht. Thomas Heinemann hat die Rolle des alten Fischers Solmsen sehr zusammengestrichen, da er Lola im Buch viele Geschichten erzählt. Das kann man im Film so nicht machen. Er hat dafür einen Jachthafenbesitzer hinzuerfunden, der die Erbse, das Hausboot, weghaben möchte. Dazu einen Polizisten und einen fiesen Sohn. Das hat die nötige Spannung in den Film gebracht, die es im Buch so nicht braucht. Ich war vier Tage am Set und sehr glücklich mit fast allem. Thomas ist mir ein Freund geworden und der Film großartig. Er war auf über 60 Festivals weltweit und hat mehr als 10 Preise gewonnen. Toll. Gehadert habe ich ein wenig damit, dass die Buchautor:innen, wenn sie das Drehbuch nicht selbst geschrieben haben, meist kaum Erwähnung finden und auch zu den Filmfesten und Filmevents nicht eingeladen werden. Irgendwann schreibe ich auch mal ein Drehbuch. Mal sehen, wie sich das dann anfühlt.
Toll war aber, dass es auch ein Film-Taschenbuch gab und ein Hörbuch, das Christiane Paul, im Film die Mutter, gesprochen hat.

Dein neues Buch mit dem Titel „Liebe sich, wer kann“, das Du eben schon kurz erwähnt hast, ist vor Kurzem erschienen. Es geht darin um Angststörung und Depression bei Jugendlichen. Das Thema betrifft mich auch persönlich und ich bin schon sehr gespannt auf das Buch. Möchtest Du uns Näheres darüber erzählen? Wieso ist Dir das Thema wichtig? Was ist Dein Bezug dazu?

Ich fange mal hinten an. Denn im Nachwort nenne ich auch meinen Bezug dazu. Ich hatte zwar keine schwere Depression, aber auf jeden Fall immer wieder depressive Verstimmungen und negative Gedankenstrudel. Diese Seite verkörpert in der Geschichte Lotti, die sich zudem wahnsinnigen Leistungsdruck macht, weil sie glaubt, dass sie nur mit einem Einserabi alle Chancen hat, „etwas zu werden“. Auch ihre Eltern tragen dazu bei. Jakob dagegen leidet massiv unter Selbstabwertung und hat soziale Phobien, vor allem ausgelöst durch seinen Vater, der ihn immer runtermacht und seine beiden älteren Brüder, die ihn immer verarschen. Im Kontakt mit hübschen Mädchen bekommt er sogar Panikattacken. Er wertet sich so sehr ab, dass er sich gar nicht vorstellen kann, dass Lotti ernsthaft an ihm interessiert sein könnte. Auch diese Seite kenne ich, aber nicht so extrem. Ich habe mich auch lange abgewertet und die Umwelt war mein Spiegel dafür. Jede Kritik oder jeden vermeintlich abschätzigen Blick habe ich sofort „genutzt“, um mich abzuwerten. Das war ein fürchterlicher Teufelskreis, aus dem ich mühsam ausgebrochen bin.
Ich habe das Buch im Lockdown geschrieben und Jakob und Lotti auf eine Wanderung geschickt. Das war auch ein wenig Therapie. Ich konnte mich in meiner Geschichte frei bewegen, während ich physisch an die Wohnung gefesselt war. Ein toller Kniff. Dazu habe ich mir viele verrückte Typen ausgedacht, was mir viel Spaß brachte. Und ich habe in der WanderApp Komoot die Strecke geplant, als würde ich tatsächlich auf Wanderschaft gehen. Man kann in der App auch Fotos aufrufen. Die habe ich auch genutzt. Z.B. taucht mal ein Schild auf mit einem Spruch von Hermann Löns. Das habe ich gleich eingebaut. Auch das Café Auszeit habe ich so gefunden.  
Die Idee zum Buch hatte ich, als ich das Buch „Burnout Kids“ von Dr. Schulte-Markwort gelesen habe, einem Kinderpsychiater. Ein Fallbeispiel darin hat mir die Idee für Lotti geliefert. Da ging es um ein Mädchen, dass sich unglaublich unter Druck setzt, weil es allen gerecht werden will. So eine ist Lotti auch. Und es hat mich sehr erschreckt, wie viele Jugendliche schon mit dem Thema Burnout zu tun haben. Dazu gehört ja die Depression.
Und gerade jetzt, in diesen ver-rückten Pandemiezeiten ist das Thema Depression dominanter denn je.
Ich nenne übrigens in allen Büchern am Ende auch Adressen und Telefonnummern für Betroffene. Niemand soll sich alleingelassen fühlen, wenn ein Thema angetriggert wird.

Die Idee, mittels Komoot den Lockdown auszutricksen, finde ich genial. Und das Thema Deines Buches ist aktueller denn je. Viele Jugendliche leiden an Depressionen und Angststörungen, und, um kurz zu unserem Anfangsthema zurückzukehren, es gibt durch die Klimakrise auch das Phänomen einer „Klimadepression“. Du hast je selbst die Hoffnungslosigkeit und Angst ums Überleben beschrieben. Mir selbst fällt es manchmal sehr schwer, die Hoffnung nicht aufzugeben, wenn ich wieder und wieder sehe, wie die Politik zu langsam und zu wenig reagiert. Aber die Generation „Greta“ und unsere eigenen Kinder machen Hoffnung!
Wie ist Dein aktueller Schreibstatus? Steckst Du schon wieder in einem neuen Projekt? Wenn ja, kannst Du uns etwas darüber verraten?

Ja, ich recherchiere gerade zu einem neuen aktuellen Thema. Das Buch soll im Frühjahr 23 erscheinen. Ich möchte aber noch nichts darüber verraten. Nur, dass ich dafür das Hamburger Zukunftsstipendium bekommen habe. Das schafft eine gute finanzielle Grundlage.
Und parallel planen wir Elbautor:innen gerade ein neues Buch, in dem es um die Kinderrechte geht. 10 Texte sind schon entstanden, jeder zu einem anderen Kinderrecht. Der Verein gegen Missbrauch e.V. hat uns darum gebeten und möchte eine CD herausbringen. Ich habe eine Kurzgeschichte zum Recht auf freie Meinungsäußerung und Information geschrieben. Ein tolles Projekt, das hoffentlich auch ein Buch wird.

Das klingt beides sehr spannend und sehr nach Dir!
Jetzt muss ich noch mal „back to the roots“ mit einer Frage:
Ich selbst habe schon als Kind Geschichten geschrieben und angeblich schon in der Grundschule gesagt, ich wolle Kinderbuchautorin werden. Meine LieblingsautorInnen damals waren Astrid Lindgren, Erich Kästner und Max Kruse. Gemessen an der sehr frühen Definition dieses Ziels hab ich dann verdammt lange gebraucht, um tatsächlich ein Buch zu schreiben🤣. Was waren denn Deine wichtigsten „Stationen“ im Berufsleben und ab wann hat es Dich zum Schreiben, und ganz speziell zum Schreiben von Kinder- und Jugendbüchern gedrängt?

Ja, bei mir gibt es auch viel „Stationen“. Als Kind und Jugendliche habe ich viel Tagebuch geschrieben. Auch die schon erwähnten politischen Texte. Noch im Abiturjahr konnte ich dann schon für das Feuilleton des „Mannheimer Morgen“, der Mannheimer Tageszeitung schreiben. Ich durfte Theater- und Ausstellungskritiken verfassen und bekam Zeilenhonorar. Auch die vier Jahre, die ich für die Mannheimer Schultheaterwoche gearbeitet habe (als Schülerin) haben mich geprägt. Dann konnte ich mich zwischen mehreren künstlerischen Richtungen nicht entscheiden und habe in Hildesheim „Kulturpädagogik“ studiert (bis zum Vordiplom), da man dort nicht gleich entscheiden muss, in welche Richtung es gehen soll. Das Literatur-Angebot dort hat mich aber nicht angesprochen und so habe ich erstmal einen Umweg über die Kameraassistenz genommen. So habe ich wieder erlebt, wie Geschichten umgesetzt werden. Da aber auch viele Filme und Serien dabei waren, die ich völlig überflüssig fand, habe ich diesen Beruf in einer Sinnkrise aufgegeben. Ich schrieb meinen ersten Roman, in dem ich eine Liebesgeschichte verarbeiten wollte. Er ist unveröffentlicht. Aber es war die Initialzündung. Ich dachte zunächst, ich würde therapeutisch arbeiten wollen und machte die Ausbildung zur Trainerin für poesie- und bibliotherapeutische Gruppen (da geht es um therapeutisches Schreiben und Lesen), zudem den „Psychologischen Berater“. Aber als meine Söhne geboren waren, kam mir die Lola in den Sinn. Einfach so. Ich setzte mich hin und schrieb den Anfang auf. Und dann konnte ich nicht mehr aufhören. So entstand „Lola auf der Erbse“ und ich war plötzlich Kinderbuchautorin. Es hat mich so erfüllt, dass ich dabei geblieben bin. Zu den Lesungen gebe ich auch Schreibworkshops. Da kann ich manchmal auch die Erfahrungen aus den Ausbildungen mit einbringen. Alles hat sich gefügt.

Wie sieht heute ein typischer Tag in Deinem Leben als Kinder – und Jugendbuchautorin aus? Bist Du Frühaufsteherin? Wann ist Deine beste Arbeitszeit? Brauchst Du zum Schreiben Ruhe oder hörst Du Musik?
Erzähl uns ALLES😅!

Bis vor kurzem habe ich immer in der Zeit geschrieben, in der meine Söhne in der Schule waren. Nachmittags dann nur noch Mails und Papierkram. Aber seit September ist nun auch mein Jüngster in der Ferne und ich muss mir eine neue Struktur geben. Ich schreibe vor allem in Cafés. Das absolute Schriftsteller:innenklischee. Bei mir trifft es zu. Ich habe da meine 4-5 Cafés, die ich abwechsle, in denen ich lange mit ein bis zwei Getränken sitzen kann, keine laute Musik rumort und es am besten eine Tageszeitung und Hafermilchcappuccino gibt. Da kann ich mich wunderbar konzentrieren. Ich stehe auf, wenn ich aufwache, meist gegen 7:30h und mache dann Yoga und Meditation. Das gönne ich mir jetzt, wo ich nach hinten hin mehr Zeit habe, weil niemand aufs Mittagessen wartet. Mein Mann arbeitet als Lehrer und isst meist in der Schule. Wenn ich in der Schreibphase bin, gehe ich dann ins Café und schreibe, solange es flutscht. Meist koche ich mir etwas am frühen Nachmittag. Musik höre ich nie. Und wenn ich nicht weiter weiß, dann lese ich erstmal Zeitung. Manchmal kommt mir dabei eine neue Idee.
Zweimal im Jahr gibt es die Lesehochzeiten. Vor allem im Spätsommer/Herbst ist sehr viel los. Dieses Jahr war ich wirklich viel auf Reisen, in Bonn auf der Käpt’n Book oder in Göttingen bei der Northeimer Jugendliteraturwoche. Auch in Schleswig-Holstein war ich unterwegs. Aber besonders viel in Hamburg. Neustart Kultur hat uns Autor:innen da zum Glück einiges ermöglicht. War aber auch wichtig nach der langen Schlappe durch die Lockdowns. Auf den Lesereisen schreibe ich eigentlich nie. Ich recherchiere höchstens und habe dazu ein paar Bücher dabei. Aber nach 2-3 Lesungen am Tag bin ich meist platt und möchte etwas Entspannendes tun oder bei Lesefesten Kolleg:innen treffen.

Liebe Annette, vielen Dank, dass Du Dir (vor allem so kurzfristig!!) die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten und meinen VIRs einen kleinen Einblick in Dein Autorenleben zu geben!
Das war so ein spannendes Interview!
Und noch ein großes Dankeschön auch für die Bücher, die Du uns als Preise für unser exklusives Gewinnspiel zur Verfügung gestellt hast! Es war toll, mit Dir zu plaudern!

Mir hat es auch Spaß gemacht. Danke für die Einladung und herzliche Grüße aus dem Hamburger Schmuddelwetter.

Wer noch mehr über Annette Mierswa und ihre Bücher erfahren möchte kann sich hier informieren:

www.annettemierswa.de

@annettemierswa

www.elbautoren.de

Annette Mierswa stellt uns je ein signiertes Exemplar ihrer Bücher
„Wir sind die Flut“, „Instagirl“ und „Liebe sich, wer kann“ für unser Gewinnspiel zur Verfügung!

Wenn Du eines davon gewinnen möchtest, schreib mir bitte bis zum 8.12.2021, welches Dein Wunschbuch ist und beantworte folgende Gewinnspielfrage:
Wie ist der Name des Zusammenschlusses von Hamburger Kinder- und JugendbuchautorInnen, bei dem Annette Mierswa Mitglied ist?

Annette und ich freuen uns auf viele Bewerbungen!

Viel Glück und bis zum nächsten Meet&Greet!

 

 


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Deine Chantal